Trotz intensiver Bemühungen von Kommunalpolitik, örtlicher Ärzteschaft und weiterer Akteure muss – angesichts der demografischen Entwicklung und der hinlänglich bekannten Zahlen – davon ausgegangen werden, dass die primärärztliche Versorgung, wie wir sie in der Vergangenheit kannten und sie auch heute noch mit wenigen Ausnahmen besteht, in den kommenden Jahrzehnten nicht aufrecht erhalten werden kann.
Das Ärztenetz Spessart eG ist ein Verbund von knapp 50 freien Haus- und Facharztpraxen sowie weiteren Gesundheitseinrichtungen. Der Verbund hat sich zum Ziel gesetzt, die wohnortnahe medizinische Versorgung in der Region zu erhalten und auf einem qualitativ hochwertigen Niveau zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger weiterzuentwickeln.
Mit dem Weiterbildungsverbund Main-Kinzig hat das Ärztenetz in Kooperation mit regionalen AkteurInnen bereits ein wichtiges Instrument zur Ausbildung und Gewinnung junger ÄrztInnen geschaffen. Auch obliegt dem Ärztenetz Spessart das Projektmanagement für das Gesundheitsnetz Main-Kinzig-Kreis. Das Hessische Sozialministerium hatte im Sommer 2013 ein Modellvorhaben zur Förderung des Auf- und Ausbaus regionaler Gesundheitsnetze ausgeschrieben. Das Ärztenetz Spessart hat gemeinsam mit dem Gesundheitsamt und den Kreiskrankenhäusern einen Förderantrag gestellt und wurde als eine von neun Modellregionen unter 23 Antragsstellern ausgewählt.
Mit dem nun geplanten Vorhaben „VERAH“ soll mit der Delegation ärztlicher Leistungen auf nicht ärztliches Praxispersonal und der damit verbundenen Entlastung für die ÄrztInnen ein zukunftsweisender Weg zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum beschritten werden.
Ein erfolgversprechendes Konzept stellt die Fortbildung der Medizinischen Fachangestellten (MFA; früher Arzthelferin) zur VERAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) oder zur nichtärztlichen Praxisassistentin (NÄPA) dar. Durch den Einsatz von nichtärztlichem Personal soll die Praxis als zentraler Ort der haus- und fachärztlichen Versorgung gestärkt werden. Ziel ist, die niedergelassenen ÄrztInnen mit Hilfe der qualifizierten Fachkräfte zu unterstützen und zu entlasten. Sie managen die Schnittstelle zwischen der Praxis, den PatientInnen und den Pflegediensten.
Im Main-Kinzig-Kreis (ohne Hanau) gibt es ca. 110 Hausarztpraxen mit etwa 265 MFAs. Davon sind zurzeit höchstens 5 VERAHs, die sich bereits fortgebildet haben. Bisher scheitert die Qualifizierung der medizinischen Fachangestellten häufig daran, dass die Praxen in doppelter Hinsicht finanziell belastet werden. Einerseits fällt während der Fortbildungszeit ihre medizinische Fachkraft in der Praxis aus und das Gehalt ist trotzdem fällig. Andererseits müssen die Fortbildungskosten getragen werden und die Vergütung für die delegierbaren Tätigkeiten nach Abschluss der Fortbildung ist noch unbefriedigend und erscheint zunächst unwirtschaftlich.
Daher plant das Ärztenetz Spessart eine Qualifizierungsoffensive in der Form, dass in den vier (KV-) Mittelbereichen Gelnhausen, Bad Orb, Wächtersbach/Bad Soden-Salmünster und Schlüchtern jeweils mindestens vier MFAs die Fortbildung zur VERAH (oder zur NÄPA) absolvieren und anschließend ihre Arbeit in den Praxen aufnehmen.
Folglich umfasst das Projekt „VERAH“ die Gewinnung, Qualifizierung und koordinierte Einführung der ausgebildeten Versorgungsassistentinnen.
MEHR INFOS
Antragsteller: Ärztenetz Spessart eG
Projektierung: LEADER
Fördersumme: 26.396 Euro
Projektbeginn: Sommer 2015
Download: Projektskizze